Auf dem Genfer Auto Salon 2019 präsentierte die Fine Mobile GmbH den Nachfolger des über 1.000 Mal verkauften Twike 3, das Twike 5. Das? Ja, denn der Name Twike setzt sich aus Twin und Bike zusammen, was wiederum auf die ursprüngliche Idee hinter diesem Fahrzeug leitet. Denn das ursprünglich in der Schweiz erdachte Dreirad, das bei der Expo im Jahr 1986 den ersten Preis bei einem Universitäts-Designwettbewerb in Vancouver verliehen bekam, ist im Herzen ein überdachtes Tandem mit zwei nebeneinander installierten Sitzen. Doch zurück in die Zukunft.
Das für Führerscheinbesitzer der Klassen A1, A und B fahrbare Twike 5 soll bis zu 200 Kilometer pro Stunde schnell sein und ab 39.000 Euro kosten. Natürlich ist solch ein Tempo nicht allein durch Pedaleinsatz realisierbar. Für den Hauptantrieb sorgt ein 45 Kilowatt und bis zu 250 Newtonmeter starker Synchronmotor. Bis zu 20 Prozent – im Großstadttempo – können die beiden Insassen per Pedale beisteuern, wobei sie bis zu 300 Watt treten können. Allerdings darf der Beifahrer nur dann strampeln, wenn der Besitzer bei seiner Bestellung ein zusätzliches Häkchen gesetzt hat. Denn in der Basisversion ist der Fußraum des Co-Piloten leer. Wichtig für den Beifahrer: Er kann, muss aber nicht in die Pedale treten, auch wenn wrlche vorhanden sind.
Twike 5: Mit Pedaleinsatz bis zu 200 km/h schnell
Nach 5.000 Kilometern erfolgt V-Max-Aufhebung – vielleicht
Bei der Bestellung muss ebenfalls angegeben werden, welche Batteriegröße es denn sein darf: 15, 20, 25 oder 30 Kilowattstunden. Von der Größe der Batterien hängt beim Twike 5 auch die maximal erreichbare Höchstgeschwindigkeit ab. Zwischen 120 und 200 km/h sind möglich. Allerdings nicht von Anfang an. Erst nach 5.000 gefahrenen Kilometern kann eine V-Max-Aufhebung erfolgen. Bis dahin muss mit Tempo 130 vorlieb genommen werden. Die Aufhebung erfolgt zudem nur dann, wenn der Hersteller den Besitzer des Fahrzeugs für tauglich befindet. Liest sich komisch, ist aber so.
Vor der Bestellung selbst steht aber noch die Produktion. Ein heikles Thema, da bisher zwar 507 Bestellungen des auf 500 Einheiten limitierten Twike 5 eingegangen sind, es aber damit noch nicht zu 100 Prozent sicher ist, ob es überhaupt jemals gebaut wird. Denn neben dem recht schnell erreichten Ziel von 200 Bestelleingängen steht da noch eine weitere Voraussetzung im Raum: Zwei Millionen Euro. Stand heute (21.3.2019) liegt die per Crowdfunding namens Twike Community Funding eingesammelte Summe bei knapp 1,1 Millionen Euro. Bis zum Sommer soll sich das aber auch erledigt haben, heißt es seitens Fine Mobile. Der Unterschied zu konventionellem Crowdfunding ist hier, dass das Projekt nicht über Spenden, sondern mit einem verzinsten Darlehen unterstützt wird. Die Höhe des Darlehens bestimmt der Geber dabei selbst. Er investiert das Geld quasi als verzinste Anzahlung auf ein Twike 5.
Lenkrad? Nein danke
Schon beim ersten Blick auf die grobstolligen Pkw-Reifen ist klar, mit einem Fahrrad-Dreirad hat dieses 495 Kilogramm schwere Fahrzeug (320 Kilogramm ohne Batterie) nur noch wenig gemein. Der Rahmen ist ein Aluminium-Space-Frame. Die anfangs erdachte Teleskop-Gabel ist einer Doppel-Längslenker-Schwinge mit Radlagerflansch für klassische Pkw-Felgen gewichen, die Türen schwenken nach oben hin auf und ein Lenkrad, egal in welcher Form, wird vergebens gesucht. Damit der 3,04 Meter lange, 1,55 Meter breite und 1,26 Meter hohe Zweisitzer dennoch ums Eck kommt, dafür sorgt eine Doppelhebelsteuerung mit bump-steer-Kompensation. Auf Deutsch: Zwei Hebel zur Rechten und zur Linken des auf Wunsch mit Alcantara bezogenen Fahrersitzes. Die Bedienung ist denkbar einfach. Zieht die linke Hand den Hebel nach hinten unten fährt der Twike 5 nach links. Zieht die rechte Hand am Hebel fährt der Twike 5 nach rechts. Zudem lässt sich an beiden Hebeln stufenlos die Geschwindigkeit ändern. Und auch eine Tempomattaste befindet sich am linken Steuerhebel. Zusätzlich in den beheizbaren Griffen integriert sind Bedienungen für Blinker, Licht, Scheibenwischer und eine Scroll- und Wählfunktion für den Bildschirm.)
Die Zuladung des Dreirads soll rund 250 Kilogramm betragen, der Kofferraum 300 Liter fassen und der Innenraum sich sogar zum Transport von Skiern eignen. Die systemintegrierte Ladeleistung beträgt 22 Kilowatt, so dass bis zu sechs Kilometer pro Minute nachgeladen werden können. Eine Stunde Ladung an einem dreiphasigen 32-A-Ladeanschluss wird daher über 300 km Reichweite entsprechen. Ob optional auch eine DC-Ladung möglich sein wird, soll zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Die maximale Reichweite liegt bei über 500 Kilometern. Der aktuelle Haus-Rekord: 613 Kilometer. In puncto Bodenfreiheit hat das Twike 5 13 Zentimeter zu bieten. Es soll auch eine „Dune“-Version in Planung sein, die mit 18 Zentimetern aufwartet. Doch das ist, ebenso wie das 15 kW starke Twike 6 für 16 Jahre alte Piloten noch Zukunftsmusik.
Folieren ist das neue Lackieren
Genau das soll das Twike 5 ja schnellstmöglich nicht mehr sein. Sollte das Crowdfundingziel im Sommer erreicht werden, können die Besteller sechs Monate später ihr Twike 5 nutzen. Denn pro Tag verlässt nur ein Modell die Produktion in Rosenthal – insgesamt drei Mitarbeiter fertigen ein Twike per Handarbeit. 200 Fahrzeuge möchte Fine Mobile im Jahr ausliefern. In welchen Farben das Twike 5 geliefert werden kann, ist recht leicht zu beantworten: „In jeder, die es in Folienform gibt.“ Denn Fine Mobile will sich das Lackieren sparen und bietet Folierungen an.
Zum Thema Sicherheit ist zu sagen, dass das Twike 5 noch keine Airbags bekommen wird, aber mit seinen Sicherheitsgurten und dem Überrollkäfig erheblich sicherer als ein Motorrad sein soll. Die Seitenfenster bestehen zudem aus Polycarbonat und können während der Fahrt von innen geöffnet werden. Das Verdeckmaterial ist Cabrioverdeckstoff, ein Hardtop als Option zu einem späteren Zeitpunkt denkbar. Besonders schön: Eine fernbediente Beheizung des Innenraums als auch der Frontscheibe wird vor Fahrtantritt möglich sein. Die große Frage, die sich Kunden stellen werden lautet: „Wie schaut es mit Wartungsintervallen und Reparaturen aus? Kann ich die selbst machen?“ Zum Teil. Anfangs sollen die Intervalle bei 1.000 Kilometern für den Erstservice, einmal jährlich oder alle 10.000 Kilometern liegen. Angestrebt sind 30.000 bis 50.000 Kilometer-Intervalle. Der Radwechsel ist in der heimischen Garage möglich, kleinere Pflegemaßnamen ebenfalls. Die verbauten LED-Scheinwerfer sollten die Betriebszeit des Fahrzeugs überleben.
Fazit
Für den Großstadteinsatz durchaus denkbar, könnte das Twike 5 aber auch auf dem Land seine Anhängerschaft finden. Nur: Mit bis zu 200 km/h in einem Dreirad über die Autobahn ist nicht jedermanns Traum.
Source: auto-motor-und-sport.de
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