klimareporter.de: Klimaschutz und Marktwirtschaft können zusammen funktionieren

Die beste Voraussetzung für ein klimaneutrales Leben ist ein klares Bewusstsein für die Begrenztheit der Welt, eine Bereitschaft zu sinnvollem Verzicht und die Innovationskraft von Ingenieuren und Investoren.

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klimareporter.de, 27.04.2023

Allen Parteien in Deutschland fehlen wesentliche Bausteine zu einer solchen Politik.

Darf ich Ihnen von meinem Traum erzählen? Ich träume von Siebenmeilenstiefeln, nicht vom E-Auto. Das habe ich von Robert Musil aus seinem Jahrhundertroman „Der Mann ohne Eigenschaften“, diesem Versuch, den Zauber der Möglichkeit von der biederen Wirklichkeit zu scheiden.

Ich träume von Tretautos mit einem Sonnendach aus Solarzellen, nicht von noch leistungsfähigeren SUVs. Das habe ich von Frederic Vester, dem Ökopionier der siebziger und achtziger Jahre.

Und ich träume vom Passivhaus ohne Styroporwände, von einer warmen Stube ohne Heizung, aber auch ohne schädlichen Sondermüll. Das habe ich aus meinem eigenen Leben, nur leider ist es noch nicht verwirklicht.

Wir müssen uns verdammt beeilen auf dem Weg zu einem klimaneutralen Leben. Nur ein Vierteljahrhundert bleibt Zeit, um Lebensgewohnheiten zu ändern, die wir uns über Jahrzehnte angeeignet haben – und Verhaltensweisen, deren Wurzeln noch viel tiefer liegen.

Der Ökonom Kenneth Boulding, einer der visionärsten Wissenschaftler des vergangenen Jahrhunderts, hat die Aufgabe einmal so formuliert: „Nun, da das Zeitalter der Expansion zu einem Ende kommt, wird ein vollständiges Set neuer Ideen und Institutionen wichtig, die vorher nicht gut angepasst waren ans Überleben. Die gesamte Zukunft des Menschen hängt davon ab, ob er diese Anpassung schnell genug hinbekommt.“

Ich befürchte, dass wir Bouldings Botschaft noch nicht ansatzweise verstanden haben, obwohl der Druck deutlich zugenommen hat, seit er sie Anfang der achtziger Jahre aufgeschrieben hat. Und weil wir uns nicht die Zeit nehmen zu reflektieren, wohin wir eigentlich wollen in einer nachhaltigeren Welt, sind unsere Debatten so erhitzt, orientierungslos und von zersetzendem Lagerdenken geprägt: Ökomoralismus trifft auf Ökoignoranz.

Als Folge streiten wir über ein Verbot von Plastiktüten und kaum messbare Vorzüge von Bionahrung statt über die dicken Brocken der Nachhaltigkeit: unsere schädliche Art uns fortzubewegen, zu heizen und zu konsumieren.

Von der Cowboy- zur Raumschiff-Ökonomie

Boulding hat Mitte der sechziger Jahre einen bahnbrechenden Aufsatz verfasst: „The Economics of the Coming Spaceship Earth“. Darin buchstabiert er die notwendigen Schritte auf dem Weg von einer fossilen zu einer solaren Wirtschaft aus.

Er macht deutlich, dass es um einen grundlegenden Bewusstseinswandel geht – weg von einer Cowboy-Ökonomie, in der wirtschaftende Menschen weiterziehen können, wenn sie die Natur ausgebeutet haben, hin zu einer Raumschiff-Ökonomie, in der alle Outputs auch wieder Inputs anderer Akteure sind. Fast 60 Jahre alt, der Text.

Über dieses Konzept habe ich in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten immer wieder nachgedacht, mein privates Leben mit drei Kindern ohne Auto, zur Miete im Passivhaus und mit zurückhaltendem Konsum daran angepasst und trotzdem noch einen jährlichen Treibhausgasausstoß von 3,6 Tonnen CO2 verursacht.

Als Fridays for Future und ihre Eltern demonstrierten, war ich Zaungast – etwas befremdet von den Transparenten, die einen grundlegenden Systemwechsel forderten. Dabei ist der Sozialismus nie umweltfreundlicher gewesen als der Kapitalismus. Befremdet, weil ich glaube, dass wir die nachhaltigen Objekte, von denen ich träume, nur durch eine freiheitliche Marktwirtschaft ohne Verbote, aber mit viel klareren ökologischen Leitplanken erreichen.

Bald war ich sicher, dass ich meine zwei Jahrzehnte alten Erkenntnisse über biophysikalische Grenzen, unsere beschränkte metaphorisch geprägte Wachstumssicht („kranker Mann Europas“) und das Nachdenken ökologischer Ökonomen wie Nicholas Georgescu-Roegen und Malte Faber über die Irreversibilität von Umweltproblemen mit den aktuellen Debatten zusammenführen musste. Daraus ist das Buch „Ökoliberal: Warum Nachhaltigkeit die Freiheit braucht“ geworden, das Ende März erschienen ist.

Es ist der Versuch, eine dringend benötigte Synthese auszuformulieren: von einer Sicht, die um die Tragweite der Ökokrise weiß und sich bewusst ist, welche Grenzen schon überschritten sind. Und einer Sicht, die versteht, dass umfassende Investitionen nötig sind, um eine weniger schädliche Lebensweise zu etablieren. Kreativität als Voraussetzung für Innovationen sollte nicht durch Verbote, sondern durch klare Reduktionsziele stimuliert werden.

Drei liberale Ökonomen

Wenn man in diese Richtung denkt, kommt man schnell auf ein Dreieck liberaler Ökonomen, die eine Basis für die Idee legen, die mir vielversprechend für eine nachhaltige Wende erscheint: den Ökoliberalismus. Von John Stuart Mill können wir lernen, wie wir die Freiheit hoch achten, aber ihre Erfüllung nicht darin sehen, eine ewige Wachstumsdynamik zu erzeugen – auch dann, wenn das mit zunehmenden Umweltschäden einhergeht.

Friedrich August von Hayek, von vielen als Urvater des Neoliberalismus verachtet, hatte ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein und hielt bei gesundheitlichen Schädigungen auch Verbote für zielführend, baute aber davon abgesehen auf den Preismechanismus als erfolgreichstes Informationsmedium. Das unkoordinierte Handeln aller Einzelnen führe zu besseren Ergebnissen als Vorgaben eines Regulierers, der sich umfassendes Wissen anmaße.

Amartya Sen schließlich hat ein komplexes Verständnis von Freiheit erarbeitet, das weit über die Erfüllung von unmittelbaren Bedürfnissen hinausgeht und die Entfaltung individueller Fähigkeiten verlangt.

Ein ökoliberaler Ansatz ist also das: Anerkennung der planetaren Grenzen, die Wahl geeigneter marktwirtschaftlicher Mittel – etwa eines Emissionshandels mit harten Reduktionszielen (Nullausstoß und unendlicher CO2-Preis im Jahr 2050) sowie eine gut abgemischte Strategie von Technik und Verzicht, die sich an Aristoteles‘ Forderung nach dem rechten Maß orientiert.

Diesen Leitgedanken wende ich in meinem Buch auf verschiedene Dimensionen der Nachhaltigkeit an: auf Wohnen, Ernährung, Mobilität, Konsum, auf die Biodiversitätskrise und das Thema Kreislaufwirtschaft. Als hinderlich auf dem Weg zu einer klaren Nachhaltigkeitsstrategie erweist sich immer wieder das Lagerdenken. Dabei wäre es wichtig, Elemente sozialer Nischeninnovationen wie der ressourcenschonenden Transition Towns schnell auf große Bevölkerungskreise zu skalieren.

Umsetzung einer ökoliberalen Idee

Der britische Historiker Timothy Garton Ash hat in einem wegweisenden Essay in der Zeitschrift Prospect Magazine Gedanken zur erfolgreichen Umsetzung einer ökoliberalen Idee ausformuliert: In das Vakuum fehlender politischer Lösungen der Öko- und Klimakrise dringe die Identitätspolitik.

„Der planetare Kampf zur Verlangsamung der globalen Erwärmung wird uns abverlangen, die Macht der übermächtigen Kohlenstoff-ausbeutenden Unternehmen zu beschneiden, und zwar mit Mitteln, die vom Divestment bis zur Regulierung reichen“, schreibt Ash. „Die Kosten unseres persönlichen Lebensstils werden besonders hoch sein, wenn wir die Argumente für historische und generationenübergreifende Gerechtigkeit ernst nehmen.“

Der Ökoliberalismus, in dem sich der Konsum am rechten Maß ausrichtet, scheint mir das attraktivste Modell, um unsere Entwicklung nachhaltig zu gestalten. Nach Umfragen ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Marktwirtschaft trotz aller Grabreden sozialistischer Klimaschützer weiterhin groß.

Fürsprecher einer gelenkten Wirtschaft wie die kanadische Wissenschaftlerin und Aktivistin Naomi Klein geben öffentlich zu, dass sie ihr Klimaengagement als Vehikel nutzen, um eine Welt nach ihren Gerechtigkeitsvorstellungen zu formen. Das Thema Klima ist aber zu wichtig, um es zum Zweck anderer Ziele zu machen.


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