heise.de: Zwischen Pedelec und Elektroauto: Diese Alternativen gibt es für die E-Mobilität

Pedelec oder Elektroauto? Viele Menschen denken bei Elektromobilität nur an diese beiden Alternativen. Dabei gibt es vielfältige Elektroleichtfahrzeuge.

heise.de, 11.10.2022

Ob rein elektrisch oder mit Strampelunterstützung, zur Personenbeförderung oder als Lastenesel – elektrische Leichtfahrzeuge sind ein oft übersehenes, aber durchaus schnell wachsendes Fahrzeugsegment. Dabei handelt es sich, vereinfacht gesagt, um alles, was schneller ist als 25 km/h und leichter als 600 kg – ohne Batterien gerechnet (also alles zwischen Pedelec und „normalem“ Auto, aber immer nutzbar ohne PKW-Führerschein). In Behördensprache: die Zulassungsklassen L1e bis L7e. Wir stellen einige Beispiele vor.

Citroën Ami – da war doch was? 1961 stellte der französische Konzern eine Limousine in einem, sagen wir mal, umstrittenen Design vor. Der L’Ami Six wurde dennoch ein Riesenerfolg. Jetzt wagt sich Citroën an einen Nachfolger. Der „Freund“ ist ein kompromissloses elektrisches Stadtauto für zwei Personen mit asymmetrisch angeschlagenen Türen und viel Hartplastik im Inneren. Weil der Floh nur 45 km/h schnell ist, dürfen ihn schon 15-Jährige fahren. Es gibt auch eine Transporter-Version ohne Beifahrersitz sowie einen Buggy als seriennahe Studie. Die Reichweite beträgt stadttaugliche 75 Kilometer. In Deutschland gibt es den Ami nicht, Opel bietet hier den baugleichen Rocks-e an.

Modular? Auf kein anderes Elektrofahrzeug trifft dieses Attribut so zu wie auf den Xbus von Electric Brands in Itzehoe. Auf der Plattform, die es auch als Offroad-Variante gibt, lassen sich diverse Module zu derzeit neun unterschiedlichen Konfigurationen kombinieren – alle nur 3,95 Meter kurz und als Leichtfahrzeug eingestuft. Daneben gibt es jede Menge weitere Optionen wie Batteriepacks oder ein Solardach. Über ein Händlernetz können Module getauscht und gemietet werden, zum Beispiel das Camper-Modul für den Urlaub.

Okay, lassen wir das Design mal außen vor. Aber praktisch ist der Squad schon. Das Zwei-Meter-Mobil gewinnt seine Energie direkt von der Sonne über ein Solarmodul auf dem Dach. Das soll für 20 Kilometer am Tag reichen – genug für Fahrten zur Kita oder zum Einkaufen. Für zusätzliche Reichweite lassen sich die Batterien austauschen. Das niederländische Unternehmen will als Option für Sharing-Dienste eine Batteriewand anbieten, mit der sich bis zu zehn austauschbare Akkupacks laden lassen. Innen hat Squad an nützliche Details gedacht, sogar eine Nische für ein Notebook gibt es. Die Basisversion kommt ohne Türen – für ein Buggy-Feeling in der Stadt.

Noch mal Electric Brands: Nachdem der Streit zwischen Auftragsfertiger Artega und Microlino (siehe unten) vor Gericht beigelegt wurde, versuchte Artega, unter dem Namen Karo einen eigenen elektrischen Isetta-Klon herauszubringen – und scheiterte. Nun will Electric Brands das Konzept 2023 unter dem Namen Evetta auf den Markt bringen. Design und Technik entsprechen dem Microlino, gefertigt wird Evetta in Göttingen. Im ersten Jahr sollen es schon 30 000 Fahrzeuge sein, darunter auch die Sonderedition Openair als Cabrio.

Veload ist ein – ja, was eigentlich? Fahrrad? Oder doch ein Pick-up? Irgendwie beides: Vorne gibt es zwei Sitze mit Pedalen wie in einem Liegerad, hinten eine große Ladefläche, auf die eine Europalette und viele Getränkekisten passen – 200 Kilogramm Zuladung, inklusive Fahrer 300 Kilo, sind das Limit. Damit man sich nicht zu sehr abstrampeln muss, gibt es elektrische Unterstützung für bis zu 60 Kilometer. Mittels Crowdfunding entwickelt das Start-up aus Kassel derzeit eine Variante mit Solardach, auch eine abschließbare Box gibt es. Das Multifunktionsfahrzeug ermögliche eine klimaneutrale Logistik in der Stadt, sagen die Gründer.

Eidechse, Ameise, Multicar: Ältere aus Ostdeutschland kennen diese Namen noch. Es handelte sich um kleine Pritschenwagen mit einem Stehführerhaus vorne, gesteuert wurde mit Trittbrettern per Gewichtsverlagerung. Das Konzept lebt jetzt im HopOn wieder auf. Die Carit Automotive GmbH aus Münster sieht darin ein ideales Zustellfahrzeug, das bis zu 250 Kilogramm mit 30 km/h durch die Stadt bewegt, bis zu 90 Kilometer weit mit einer Batterieladung. Bei der Steuerung bricht HopOn mit seinen historischen Vorbildern: Gesteuert wird im Heck mit Lenkrad und Fußpedalen. Der Steuerstand lässt sich einklappen, so passt der Elektrokarren in einen größeren Kofferraum.

Seit Mitte der 90er gibt es die leichten dreirädrigen E-Bikes von TWIKE, die auch rein elektrisch fahren. Jetzt hat der Hersteller in Rosenthal das TWIKE 5 vorgestellt. Das windschlüpfrige Geschoss soll bis zu 190 km/h schnell sein und 500 Kilometer weit kommen. Die Neuauflage übernimmt vom Vorgänger die Lenkung per Sidesticks und den Pedalantrieb, der aber mehr der körperlichen Ertüchtigung als dem Vortrieb dient.

Eigentlich ist der Microlino aus Jux entstanden. Die Schweizer Gründer Oliver Ouboter mit seinen Söhnen Wim und Merlin Ouboter hatten für eine Spielzeugmesse ein „Bubble-Car“ für Kinder präsentiert. Das Modell 1:5 kam gut an und so wagte sich das Team damit auf Automessen. Auf einer ausgelegten Reversierungsliste waren dann 400 Interessierte. „Da wussten wir: Die Idee hat Potenzial“, sagt Wim Ouboter. Der heutige Zweisitzer 2.0 ist der BMW Isetta (Knutschkugel) nachempfunden. Die Entwickler geben eine Reichweite von bis zu 200 Kilometern und eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h an. In der Schweiz wurde das Elektroleichtfahrzeug bereits an die ersten Kunden ausgeliefert. Nach Deutschland soll er im Oktober 2022 kommen.

 


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